Der Online-Versandhandel ist weiter auf Erfolgskurs. Allein in Deutschland betrug das Wachstum 2013 mehr als 22 Prozent. Doch die Achillesferse für den Online-Handel ist nach wie vor und in zunehmendem Maße die Auslieferung der Online-Bestellungen, denn in 60 % aller Fälle gibt es Probleme bei der Zustellung. Das Spektrum reicht von einfachen Lieferverzögerungen, über verloren gegangene Pakete bis zum Hauptproblem: der Empfänger ist bei der Erstauslieferung gerade nicht erreichbaren. Sprich: die Bestellung kann nicht sofort entgegen genommen werden. Die Anzahl nicht zustellbarer Erstlieferungen produzieren jährlich Kosten in Höhe von geschätzte 1 Mrd. Euro!

Die Probleme, die sich bei der Zustellung von Online-Bestellungen ergeben, kann man grob in zwei Arten unterteilen: Zum einen ist da der Anspruch „Same Day Delivery”. Kunden möchten ihre Ware so schnell wie möglich erhalten – am liebsten sofort.

Daraus ergibt sich die Frage: Wie kann man den Versand so beschleunigen, dass aus Tagen, Stunden oder – wenn möglich – sogar Minuten werden? Zum zweiten ist da das noch wichtigere „Last-Mile-Problem“. Dabei geht es um die Frage: „Wie bekomme ich die Sendung sicher und zuverlässig zum Kunden – und das bitte möglichst schnell und kosteneffizient?“ Ist der Empfänger nicht zuhause landet die Sendung beim Nachbarn oder – sozusagen der „Worst Case“ einer Online-Lieferung – die Sendung wandert zur nächsten Abhol-Zentrale und kann dort erst am darauffolgenden Werktag entgegengenommen werden. Natürlich nur während der regulären Öffnungszeiten. Für Vollzeitberufstätige wird das zu einer echten Herausforderung.

Kein Wunder also, dass Online-Händler, Versandserviceanbieter und Lieferanten geradezu nach innovativen Ideen für neue Versandmöglichkeiten lechzen. Einige der verrücktesten Ideen, die aktuell diskutiert werden, sind:

Der Prime Air-Service von Amazon

Anfang Dezember 2013 ging eine Meldung um die Welt: „Der Online-Händler Amazon plant den Versand seiner Waren mit Drohnen“. Durch den Einsatz von Minidrohnen, Octocopter genannt, möchte Amazon automatisiert Päckchen bis zu einem Gewicht von 2,3 kg innerhalb von 30 Minuten direkt zum Kunden transportieren. Die Drohnen sollen dabei innerhalb eines Radius von 16 km zum nächsten Amazon-Auslieferungszentrum operieren. Amazon beabsichtigt auf diese Weise Personal und Kosten zu senken und möchte dadurch gleichzeitig die Zustellung beschleunigen. Schon in wenigen Jahren soll dieser Service Wirklichkeit werden. Unklar ist allerdings, ob Amazon für den Prima Air Service die Zulassung der jeweiligen nationalen Luftfahrtbehörden bekommt.

Auch versicherungstechnische Fragen werden relevant werden. Zum Beispiel: Wer haftet für Personen- und Sachschäden, die durch abstürzende Päckchen entstehen. Außerdem fragt man sich: Wo werden diese Drohne landen? Denn woher soll Amazon wissen, wo sich meine Haustüre befindet? Es darf bezweifelt werden, ob die Zielkoordinaten, die Amazon zur Verfügung stehen, dafür ausreichen werden. Google Maps zum Beispiel zeigt mir bei der Eingabe meiner Adresse weiterhin hartnäckig das Haus meiner Nachbarn. Ist Amazon da klüger? Und wie schützt man seine eingetroffenen Pakete vor Diebstahl?

Aber Amazon war nicht der erste, der auf die Idee einer Drohnenlieferung kam. Die Spur führt zu einem australischen Startup, das eine ähnliche Idee schon zwei Monate vorher präsentiert hat und auch in puncto Zielkoordination ein interessantes Konzept verfolgt.

Die Flirtey-Lieferdrohne von Zookal

Das australische Startup-Unternehmen Zookal, ein Anbieter für den Verleih von Fachbüchern, war weltweit der erste kommerzielle Anbieter, der plant, die Auslieferung von Sendungen zukünftig automatisiert durch Drohnen vorzunehmen. Dabei soll die Lieferdrohne Flirtey zum Einsatz kommen, die an der Universität Sydney entwickelt wurde. Zookal hofft so, die Lieferzeit um ein Vielfaches verkürzen zu können. Denn aktuell benötigt der Versand einer postalisch versendeten Büchersendung in der Regel 2 – 3 Tage. Mittels Flirtey-Lieferdrohnen könnte die Sendung bereits wenige Minuten nach der Bestellung beim Empfänger eintreffen. Eine geniale Idee, denn die Zustellung ist dabei nicht eine feste Standortadresse gebunden. Die Bestellung erfolgt vielmehr über eine spezielle App (Zookal HSC Help, diese ist allerdings in Deutschland nicht verfügbar). Sobald die Büchersendung „abflugbereit“ ist, erhält der Empfänger eine Benachrichtigung. Die Zustellung erfolgt dann anhand der GPS-Koordinaten, die per Smartphone übermittelt werden.

Express-Transport mit DHL-Paketkopter

Auch in Deutschland gibt es erste Pilotprojekte für die Auslieferung von Sendungen mittels Drohnen. So experimentiert zum Beispiel DHL mit einer Mikro-Drohne für den Expressversand eiliger Gütern, wie Arzneimitteln. Angesichts der rechtlichen und technischen Einschränkungen (unter anderem ist in Deutschland eine Sichtflugsteuerung gesetzlich vorgeschrieben) ist derzeit noch völlig unklar, ob und wann sich Paketzustellungen mittels Paketkopter realisieren lassen.

Das Auto als Paketstation

Flexible Paketzustellung und –abholung mittels GPS-Koordinaten muss nicht zwangsläufig aus der Luft erfolgen. Wenn es nach dem Automobilhersteller Volvo geht, könnte das Auto zur Paketstation werden. Mittlerweile gehört Navigationstechnik schon zur Standardausstattung eines gehobenen Mittelklassefahrzeugs. Was liegt also näher, als den Standort des Autos als GPS-Koordinaten dem jeweiligen Zustelldiensten zur Verfügung zu stellen, damit dieser die Lieferung direkt dort ablegen bzw. abholen kann. Durch einen digitalen Schlüsseln erhält der Zusteller Zugang zum Fahrzeug. Die Überwachung und Vergabe der Zugangsberechtigung erfolgt über die Telematik-App Volvo On Call. Allerdings gehört schon eine viel Vertrauen dazu, um Dritten die genaue Parkpositionen des eigenen PKWs mitzuteilen und – noch intimer – Fremden sogar Zugang zu seinem Wagen geben? Auch wenn alle Bewegungen am und im Wagen getrackt werden.
Die Paketstation Auto wäre für Zusteller eine logistische Herausforderung. Besonders dann, wenn sich der Wagen gerade aus dem Einzugsgebiet einer Zustellstation in das einer anderen bewegt. Welcher Zusteller würde diese Extrakilometer fahren? Und wenn er es denn tut, um welchen Preis? Die Versicherungsproblematik einmal ganz außen vor gelassen.

Die Paketbox im Vorgarten

Wer seine Pakete nicht mehr bei seinem Nachbarn oder der nächsten Auslieferungszentrale abholen möchte, kann zukünftig auch auf eine recht konventionell anmutende Lösung der Deutschen Post rückgreifen: Die private Paketbox im eigenen Vorgarten – sofern man denn einen Vorgarten hat bzw. die Huckepackbox, die man praktisch auch in jedem Mietshaus einsetzen kann. Dies ist sozusagen die bequeme Alternative zum bewährten und bereits bekannten Konzept der Drive-in-Packstation der Deutschen Post DHL, bei dem man sein Paket aus einem Paketfach an einem Sammelpunkt in seiner Umgebung abholt.

Fazit

Wie man sieht gibt es viele innovative Lösungsversuche für das Last-Mile-Problem und den Anspruch der Same Day Delivery. Doch bei aller Faszination für diese Pilotprojekte gilt es für Online-Händler vor allem die Aufwand-Nutzen-Relation sowie vor allem die Kosten im Auge zu behalten. Denn die wichtigste Priorität von Online-Bestellern ist nach wie vor: der kostenlose Versand!

Wolf-Dieter Fiege

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