Wer sich mit Themen rund um (Web-) Entwicklung beschäftigt, der stößt eher früher als später auf den Begriff Low-Code. Wer sich dann die Mühe macht und kurz Google Trends konsultiert, der wird feststellen, dass sich die Thematik weltweit seit Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es recht viele Whitepaper, Sponsored Posts, Blogartikel, Infografiken und einiges mehr zu diesem Thema gibt. Allerdings haben viele dieser Beiträge ein großes Problem: am Ende des Beitrages ist der Leser nur selten schlauer. Was Sie beim Lesen erfahren ist, dass es anscheinend einen Bedarf an Low-Code-Plattformen gibt, aber es wird selten erklärt, was Low-Code ist, wozu es gut ist und welche praktischen Beispiele es gibt.

Abbildung - Was ist Low-Code und wozu ist das gut - Google Trends der letzten zehn Jahre zu dem Suchbegriff "low code"

Google Trends der letzten zehn Jahre zu dem Suchbegriff „low code“.

Low-Code vs. No-Code?

Wie der Name Low-Code schon signalisiert, geht es darum, auch Menschen mit sehr geringen Programmierkenntnissen in die Lage zu versetzen, einsatzfähige Anwendungen zu erstellen. Anstatt auf der Code-Ebene sollen die Leute mithilfe von grafischen Benutzeroberflächen die Möglichkeit haben, Apps oder Webprojekte umsetzen zu können.

Gegenüber Low-Code gehen sogenannte No-Code-Plattformen noch einen kleinen Schritt weiter. Während es in einem Low-Code-Szenario auch sinnvoll oder sogar wünschenswert sein kann, auf die Code-Ebene zu wechseln, zum Beispiel weil die Lösung so unkomplizierter ist, verzichten die No-Code-Lösungen so gut wie komplett auf die Code-Eingabe. Das ist allerdings eine recht grobe Klassifizierung, da die Übergänge in Wahrheit sehr fließend sind und, je nachdem wen man fragt, die Definition anders ausfallen kann, da Faktoren anders gewichtet werden. Daher werden in recht vielen Beiträgen zu diesem Thema beide Plattformarten erwähnt.

Wer jetzt dazwischenruft „ah, das kenne ich!“, der liegt richtig. Wer sich schon in den späten 1990ern und frühen 2000ern mit der Webentwicklung beschäftigt hat, der wird Programme wie Frontpage Express oder Dreamweaver kennen. Mit diesen HTML-Editoren wart man in der Lage, auch mit sehr geringen HTML- und CSS-Kenntnissen statische Websites zu erstellen.

Sicherlich, den allermeisten so produzierten Websites war es anzusehen, dass sie durch solche Editoren produziert wurden. Vielfach schon im Frontend, aber spätestens durch einen Blick in den Quelltext erkannte man aufgrund des aufgeblähten Codes die Editoren und damit gleichzeitig auch ihre Nachteile.

Aus diesen und einer Reihe an weiteren Gründen sind solche Editoren dann vergleichsweise schnell in Verruf und auch Vergessenheit geraten. Aber die moderneren Low-Code- und No-Code-Plattormen (wie zum Beispiel Power Apps von Microsoft, AppSheet von Google oder MobileTogether von Altova) gehen da ein paar Schritte weiter. Hierbei geht es nicht um das Erstellen einer statischen Website, sondern um voll funktionsfähige Apps, die eine reiche Palette moderner Technologien aufrufen können.

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Und was hat WordPress damit zu tun?

Das ist eine gute Frage. Weiter oben erwähnte ich, dass viele Artikel zu diesem Thema mit konkreten Informationen geizen, aber manche Artikel sind anders und liefern auch wirkliche Beispiele, allerdings wenn WordPress überhaupt erwähnt wird, dann oft nur beiläufig in einem Nebensatz.

Das ist insofern verwunderlich, als WordPress die populärste Low-Code-Plattform ist. Ja, Sie haben sich nicht verlesen. WordPress ist eine Low-Code-Plattform und das schon seit vielen Jahren. In einem bestimmten Umfang würde ich WordPress sogar als No-Code-Plattform bezeichnen.

Wer sich mit diesem Content-Managment-System auseinandergesetzt hat, weiß, dass man mit WordPress vieles selber coden kann. Das fängt mit einer kleinen Anpassung der CSS-Datei außerhalb des Customizers an, geht über die Erstellung eines eigenen Themes und endet noch lange nicht bei der Programmierung eines eigenen Plugins. Und von so Sachen wie Headless WordPress möchte ich gar nicht erst anfangen.

Es steht fest: In WordPress können sich Menschen mit hervorragenden CSS-, JavaScript- und PHP-Kenntnissen genüsslich austoben.

Abbildung 2 - Was ist Low-Code und wozu ist das gut - Offizielles Plugin-Verzeichnis

Offizielles Plugin-Verzeichnis

Aber WordPress war schon immer auch eine hervorragende Plattform für Menschen mit geringen Code-Kenntnissen. Das war schon von Anfang an so und beginnt mit der vergleichsweise einfachen Installation. Wer vor 2003 versucht hat, Skripte und Anwendungen auf dem eigenen Webspace zu installieren, der kann sich gut erinnern, dass recht viele Anwendungen recht kompliziert bei der Installation waren. Später folgten bei WordPress die Plugin-Schnittstelle und die Themes. Mittlerweile beherbergt alleine das offizielle Verzeichnis an die 58.000 Plugins und mehr als 8.100 Themes.

Möchten Sie das Aussehen Ihrer Website anpassen? Mit Customizer und diversen Page-Buildern ist es möglich. Braucht Ihre Website einen geschützten Mitglieder-Bereich oder ein Forum? Dafür gibt es Plugin-Lösungen. Benötigen Sie einen Webshop? Wie wäre es mit WooCommerce? In all diesen Szenarien kommen Sie ohne Programmierkenntnisse zum Ziel. Mit rudimentären CSS-Kenntnissen haben Sie sogar einen kleinen Wissenspuffer übrig.

Und mit der aktuellen WordPress-Entwicklung (Stichwort: Gutenberg) werden sich noch mehr Bereiche in Richtung Low-Code entwickeln und zugänglicher werden auch für Nicht-Programmierer.

Low-Code ≠ Low Wissen

Von manchen Menschen mit guten Code-Kenntnissen höre ich ab und an abfällige Bemerkungen über solche Plattformen, wie zum Beispiel „Programmieren für Dumme“. Vielfach steckt dahinter keine Bösartigkeit, sondern die Befürchtung, dass sich dahinter oft “kaputt gespielte” Webprojekte verbergen. Nicht selten bestätigt dies die Praxis.

Ich persönlich sehe das anders. Es ist wichtig, dass auch Menschen mit geringen Programmierkenntnissen im Web aktiv unterwegs sein können. Die modernen westlichen Gesellschaften sind keine Technokratien, sondern pluralistische Demokratien, und daher sollte das Web und das Internet dies auch in der Zukunft abbilden. Auch Menschen mit keinen oder wenigen Code-Kenntnissen sollten wie bisher die Möglichkeit behalten, das Internet zu gestalten und im Web zu publizieren. So wenig wie das Web ein rechtsfreier Raum sein darf, so wenig darf es ein laienfreier Raum sein. Das hat zum Beispiel WordPress in den vergangenen Jahren vergleichsweise gut hinbekommen. Und das ist gleichzeitig einer der Gründe, warum dieses CMS so erfolgreich ist.

Hinzu kommt ein weiterer Faktor, den wir nicht aus den Augen verlieren dürfen. In vielen IT-Segmenten sind die erfahrenen Fachleute eher Mangelware und heiß begehrt. Somit sind solche Leute nicht nur ein erheblicher Kostenfaktor, sondern ihr Mangel könnte ein Flaschenhals bei der Verbreitung wichtiger Techniken werden. Daher ist es auch aus diesem Blickwinkel wichtig, so viele Menschen wie möglich zu befähigen, aus der Konsumenten- in die Produzenten-Ecke zu wechseln. Die Low-Code- und No-Code-Tools sind auf jeden Fall eine wichtige Möglichkeit dafür.

Sicherlich, es besteht immer die Gefahr, dass wenn unbedarfte User etwas durchführen, dabei auch manches schiefgehen kann. Aber hier kommen wir zum Punkt, der mir wichtig ist: Low-Code oder auch No-Code bedeutet nicht, dass man sich nicht mit der Anwendung auseinandersetzen muss. Um das Ganze ein bisschen greifbarer zu erklären, bleiben wir einfach im WordPress-Universum.

Nur weil man bei WordPress mit geringen Code-Kenntnissen weit kommen kann, heißt es noch lange nicht, dass man sich mit den Eigenheiten von WordPress gar nicht auseinandersetzen muss. Nur weil jemand nicht coden kann, heißt es nicht, dass er auch so viele Plugins wie möglich installieren muss und es heißt vor allem nicht, dass er eine solche WordPress-Installation monatelang unbeaufsichtigt und ohne jegliche Sicherheitsupdates stehen lassen soll. Um es auf ein alltägliches Beispiel zu übertragen: nur weil ich nicht in der Lage bin ein eigenes Auto zu erstellen, heißt es nicht, dass ich mich mit der Steuerung des selbigen nicht auseinandersetzen muss.

Wenn das beherzigt wird, dann sehe ich beim Einsatz von Low-Code- und No-Code-Tools keine nennenswerten Nachteile, sondern lediglich Vorteile, die in der Lage sind uns ein gutes Stück nach vorne zu bringen.

Vladimir Simović

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