Als ChatGPT der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, war eins klar: Auch wenn es sich bei diesem Chat-Interface künstlicher Intelligenz nicht um eine Suchmaschine handelt, wird sich unser Umgang mit der Suche grundlegend ändern. Das war nicht nur die Wahrnehmung auf Seiten der Anwender, sondern auch auf Seiten von Google, Microsoft und Co. Ein atemberaubendes, öffentliches Rennen um die KI-Vorherrschaft und niedrigschwellige Interfaces begann, und wir Nutzer konnten dabei zusehen, wie etablierte Suchgiganten über die eigenen Füße stolperten, aus Angst, den Anschluss zu verpassen.

So langsam nehmen KI-Chatbots in der Suche allerdings eine ernstzunehmende Form an. Vorreiter war in diesem Fall Microsoft, die bereits im Februar 2023 ChatGPT in ihre Suche, das „neue Bing“, integrierten. Google folgte direkt danach: Unter Google Labs ist für eine regional beschränkte Zielgruppe in den USA seit Mai, und für Indien und Japan seit August 2023 SGE verfügbar. SGE (Search Generative Experience) ist ein experimenteller Ansatz zur Suche, der darauf abzielt, generative KI zu nutzen, um Suchenden dabei zu helfen, ihre Anfragen innerhalb des Google-Ökosystems zu lösen.

SGE mag eine radikale Neugestaltung der Suche darstellen, ist jedoch tatsächlich Teil einer breiteren, langjährigen Bestrebung, Suchmaschinen in Antwortmaschinen zu verwandeln. Auch wenn Googles neues Baby also etwas übereilt und holprig in die Welt entlassen wurde, kann man doch sagen, dass sich der Marktführer in seinen Grundzielen treu geblieben ist. SGE soll dem Nutzer das eine, beste Ergebnis zu seiner ganz spezifischen Suchanfrage liefern.

Was bedeutet SGE und wie sieht die Sucherfahrung aktuell aus?

SGE verwendet generative KI, um kurze Aufsätze als Antworten auf Suchanfragen zu erstellen. Dabei werden vorgeschlagene Quellen für weitere Informationen, vorgeschlagene Fragen und manchmal auch andere Funktionen angeboten (zum Beispiel ein Produktkarussell für einige suchbezogene Anfragen im Bereich Einkauf).

SGE ersetzt traditionelle Suchergebnisse nicht. Der sogenannte „Snapshot“ erscheint über den klassischen Ergebnissen. Ein Benutzer kann immer noch nach unten scrollen, um sich die Suchergebnisse, die wir alle bereits kennen, anzeigen zu lassen. Der wertvolle Real Estate above the fold, der direkt sichtbare Bereich, ist jedoch für SGE reserviert, was eine immense Veränderung der UX bei Google bedeutet.

Abbildung 1 Google SGE - Die neue SGE in Aktion

Die neue SGE in Aktion: Unterhalb dieser Ansicht sind die klassischen Suchergebnisse zur Anfrage verfügbar.

SGE im Detail vorzustellen ist nicht ganz lapidar. Google arbeitet aktuell mit Hochdruck an seiner generativen Sucherfahrung, und das Interface ändert sich gefühlt mit jeder neuen Anfrage. Zudem ist ja, wie bereits jetzt in der klassischen Suche, jede SERP vom entsprechenden Keyword und der Suchintention abhängig. Bei Search Engine Journal findet sich eine schöne Übersicht über SGE für lokale Anfragen, Shopping und vieles mehr.

Täglich neue Features: die Bildgenerierung

Google greift KI-Tools an allen Fronten an. Haben Sie bisher Midjourney zum Erstellen von Bildern genutzt? Oder mit Freude gehört, dass es nun auch mit ChatGPT möglich ist, Bilder zu generieren? Googles Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Zukünftig wird es möglich sein, direkt in einer Bildersuche ein eigenes Bild zur Suchanfrage zu generieren bzw. Bilder gezielt mit entsprechenden Prompts zu generieren.

Diese Funktion wird von Imagen, einem Text-zu-Bild-Diffusionsmodell, betrieben. Imagen arbeitet auf Basis von Googles LaMDA, einem großen Sprachmodell zur Verwaltung natürlicher Sprache. SGE unterstützt aktuell bereits mehrere 100 Sprachen, so dass die meisten Nutzer in ihrer eigenen Sprache Prompts zur Bilderstellung austesten können.

Abbildung 2 -Google SGE - Google stellt seine neue Funktion vor

Google stellt seine neue Funktion vor. Quelle: blog.google

Google lässt beim Bildgenerator einiges an Vorsicht walten: So ist die Funktionalität erst für Nutzer ab 18 freigeschaltet. Zudem ist jedes von SGE generierte Bild mit einem Wasserzeichen und entsprechenden Metadaten versehen, die darauf hinweisen, dass das Bild von einer KI erstellt wurde.

Wie optimiere ich nun aber auf SGE?

Bei der Fülle der Möglichkeiten und Darstellungen stellt man sich nicht zu Unrecht die bange Frage: Wie kann ich meine Webseite auf SGE optimieren? Was bedeutet das überhaupt? Werde ich von Google als Quelle herangezogen, aber dann auch entsprechend angezeigt? Werde ich überhaupt Traffic über SGE bekommen?

Eins vorab: Zur Trafficprognose lässt sich hier leider wenig sagen. Auch wenn es ambitionierte Versuche in diese Richtung gibt, eine Art Traffic-Forecast-Framework für SGE zu schaffen, ist die berechtigte Kritik an solchen Ansätzen: Wir wissen schlicht noch nicht, was auf uns zukommt. SGE ist aktuell noch nicht in Deutschland verfügbar. Wir haben keine Daten zur Verfügung, welchen Einfluss SGE auf den Traffic der rankenden Seiten haben wird, um Benchmarks festzulegen und Hypothesen abzuleiten. Dass SGE den Traffic aller rankenden Seiten beeinflussen wird, liegt auf der Hand. Aber in welchem Maße das passieren wird, können wir aktuell noch nicht voraussagen.

Zur Einführung von SGE hat Google zumindest angekündigt, dass der Snapshot immer Links zur Quelle angezeigt werden wird: „SGE will show links to resources that support the information in the snapshot, so people can check the information themselves and explore further.“ Die Darstellung dieser Links hat sich nun allerdings während der Labs-Phase mehrfach verändert, so dass auch hier nichts weiter bleibt als abzuwarten. Es lässt sich jedoch vorab feststellen, dass die Attribuierung der Inhalte abgeschwächt wurde. Der ausgewählte Content einer Seite erscheint eingebettet in eine Art Fließtext mit anderen Inhalten. Am Ende der Einbettung ist (aktuell) ein Pfeil mit einem Vermerk zur Quelle zu finden, der dann wiederum zu einem anklickbaren Ergebnis führt. Durch diese Darstellung werden Inhalt und Quelle stärker voneinander entkoppelt als es in den klassischen Suchergebnissen bisher der Fall ist.

Trotzdem können wir einige Aussagen zu SGE und der Optimierung auf SGE treffen. Wenn wir die Entwicklung von Suchmaschinen, die Verschiebung aktueller Rankingfaktoren und die Zielsetzung von Suchmaschinen zugrunde legen und dabei die Herausforderungen von KI und großen Sprachmodellen berücksichtigen, liegen einige Optimierungsansätze auf der Hand, die wir im Folgenden vorstellen möchten (und selbst wenn diese die Darstellung in SGE nicht beeinflussen würden, wären sie für Ihre SEO von großem Wert).

1. Gehen Sie in die Tiefe 

Wir wissen schon lange, dass Google Mehrwertinhalte bevorzugt, die Nutzern wirklich weiterhelfen. Übersichtsartikel können je nach Suchintention natürlich hilfreich sein. Je mehr Expertise ein Artikel jedoch offenbart und je tiefer eine Anfrage von einem Suchenden beantwortet wird, desto besser kann Google eben diese Anfragen nuanciert über SGE beantworten und auf die Detail-Quelle verweisen.

2. EEAT ist wichtiger denn je

EEAT steht für: Experience, Expertise, Authoritativeness und Trustworthiness – ein Konzept, das für Google immer wichtiger wird. Und wie bereits angedeutet: Expertise ist das Zauberwort. Dabei geht es nicht nur um fachliche Kompetenz, sondern auch um eigene Erfahrung mit bestimmten Sachverhalten. Google muss Expertise und Originalität erkennen können, um die Gefahr zu umgehen, die eigene KI mit KI-generierten Inhalten zu füttern, die eine unbefriedigende Nutzererfahrung zur Folge haben könnten.

Autorität zeigt sich hier bei der Webseite selbst und beim Autor eines Inhaltes: Beide Entitäten sollten verlässliche Quellen für Informationen darstellen, um von Google als wertvolle Quelle angesehen und herangezogen zu werden. LLMs wie GPT, BARD oder PaLM lernen mithilfe von Trainingsdaten aus ausgewählten Quellen. Dieser Prozess findet im Rahmen des Verstehens natürlicher Sprache statt. Damit die Trainingsdaten so valide wie möglich sind, müssen Anbieter von generativen KI-Anwendungen sicherstellen, dass das zugrunde liegende Datenkorpus aus vertrauenswürdigen Quellen stammt.

Daher gilt für SGE, was schon lange für SEO galt: Geben Sie Ihrem Content ein Gesicht. Wenn sich in Ihrem Team ein Experte/eine Expertin für ein bestimmtes Thema befindet, dann zeigen Sie ihn oder sie: in einem Video, einem Interview, mit einem Autorenprofil, das er oder sie selbst mit Stolz präsentiert.

3. Treten Sie in den Dialog

SGE bietet eine konversationelle Sucherfahrung an. Ich habe als Nutzer die Möglichkeit, Folge-Suchanfragen zu meiner ursprünglichen Suche zu stellen, mit der KI also in eine Art Dialog zu treten. Contentseitig kann diesem Dialog mit Inhalten begegnet werden, die ihrerseits bereits eine mögliche Konversation simulieren und abbilden. Was wäre eine logische Nachfrage zu einem Angebot, das man selbst formuliert hat? Welches weitere Informationsbedürfnis könnte beim Besucher meiner Seite entstehen, wenn er einen bestimmten Content sieht?

Schon lange sind Fragen ein wichtiger Teil unserer Content-Optimierung. Mit SGE und dem Konversations-Feature könnten sie noch an Bedeutung gewinnen.

4. Nutzen Sie das Ebenenmodell

Diese Simulation weiterer Informationsbedürfnisse kann durch das Ebenenmodell von Karl Kratz befeuert werden. Das Ebenen-Modell ist ein Analysewerkzeug, das es ermöglicht, Themen und Entitäten aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und diese Sichtweisen systematisch zu dokumentieren.

Dieser Prozess schafft einen ganzheitlichen und vielschichtigen Blick auf das jeweilige Thema, der im Laufe der Zeit erweitert werden kann. Durch den Vergleich öffentlich verfügbarer Perspektiven mit eigenen Ansichten können Einzigartigkeit und Mehrwert geschaffen sowie neue Perspektiven eröffnet werden.

Abbildung Google SGE 3 - Universelle Betrachtungs-Ebenen

Betrachtungsebenen auf Sachverhalte. Quelle: https://karlkratz.de/onlinemarketing-blog/ebenen-modell/

5. Make it snackable!

Wie so oft verändert sich Google und bleibt doch gleich. Vor knapp 10 Jahren wirbelte Google seine SERPs und die gesamte SEO-Gemeinde gehörig durch, indem Featured Snippets eingeführt wurden. Die prominent hervorgehobenen Suchergebnisse erinnern an die „Häppchen“, die nun bei SGE im Snapshot auftauchen.

Daher macht es Sinn, sich die Optimierungsempfehlungen für Featured Snippets ins Gedächtnis zu rufen: der Einsatz strukturierter Daten und die Strukturierung der Inhalte mit Hilfe von Absätzen, Formatierungen, und klaren, keywordfokussierten Überschriften und Unter-Überschriften, die bereits erwähnte Optimierung auf relevante Fragen und der Einsatz relevanter Medien wie Bilder oder Videos.

6. Bauen Sie Ihre Marke auf!

Bereits 2008 sagte der damalige CEO von Google, Eric Schmidt: „Brands are the solution, not the problem. Brands are how you sort out the cesspool.” Spätestens seitdem ist klar: Wir brauchen eine starke Marke und müssen SEO auch zum Reputation Management nutzen, wenn wir gute (und positive) Rankings erzielen wollen.

Bei SGE ist das nicht anders: Zum einen spielt die starke Marke in EEAT hinein und verleiht der Domain Autorität. Die Wahrscheinlichkeit der Erwähnungen (über Backlinks oder durch reine Nennung) steigt mit höherer Markenbekanntheit. Zum anderen kann ich auch zu einer Markensuche einen Snapshot generieren lassen. Und wer möchte den Inhalt dieses Snapshots der Konkurrenz, News-Magazinen oder Bewertungsportalen überlassen?

Abbildung Google SGE - Reputation Management

Die Darstellung von Shein bei SGE. Hier besteht noch Optimierungspotenzial.

7. Lernen Sie von Google selbst!

Schon lange ist es ein sinnvoller Ansatz in der SEO, die SERPs selbst zu einem Keyword zu analysieren und die Anzeige von Verticals, verwandten Suchanfragen und strukturierten Daten als Anhaltspunkte für die eigene Content-Optimierung heranzuziehen. Mit SGE und der konversationellen Suche bietet Google ein weiteres Feature, dass wir zur Keyword-Recherche heranziehen können. Welche vorformulierten Fragen bietet SGE zu einer Query an? „Ask a follow up“ bietet uns eine schöne Struktur und Inspiration für den Ausbau des eigenen Contents.

8. Seien Sie freundlich zu Ihren Besuchern

Last but not least: Eine gute UX auf Ihrer Seite, uneingeschränkte Mobilfreundlichkeit und eine befriedigende Ladezeit sind essentiell. Schon lange versucht Google, die Userfreundlichkeit von Webseiten zu messen. Zuletzt war die Einführung der Core Web Vitals ein sehr deutliches Signal, worauf Google Wert legt.

Die Anzeige in der Search Console, ob Inhalte mobilfreundlich sind oder nicht, ist ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahl, wenn nicht mit dem gesamten Gartenzaun: Optimieren Sie die UX auf Ihrer Webseite! Wenn Google das eine, beste Ergebnis zu einer Anfrage liefern möchte, dann schließt das die Evaluation der Nutzererfahrung auf der Webseite mit ein.

Und seit einiger Zeit wissen wir nun auch mit Sicherheit, dass Google Nutzersignale ausliest und ins Ranking mit einfließen lässt. Fair enough, spätestens jetzt auf den Besucher zu fokussieren!

Google SGE – Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass die Einführung von SGE bei Google eine bedeutende Veränderung in der Welt der Suchmaschinenoptimierung und Sucherfahrung darstellt. Diese KI-gesteuerte Suche hat das Potenzial, wie wir Suchanfragen stellen und Suchergebnisse interpretieren, grundlegend zu verändern. Auch wenn die genauen Auswirkungen auf die SEO-Landschaft noch nicht vollständig absehbar sind, gibt es einige klare Prinzipien, auf die sich Webseitenbetreiber konzentrieren können.

Letztendlich erfordert die Optimierung für SGE eine gewisse Anpassung und Experimentierfreude. Die SEO-Community wird genau beobachten müssen, wie sich diese neue Ära der KI-gesteuerten Suche entwickelt. Aber indem Webseitenbetreiber sich auf diese Grundprinzipien konzentrieren, können sie besser auf die Herausforderungen und Chancen reagieren, die SGE mit sich bringt, und ihre Position in den Suchergebnissen stärken.

Wer SGE aktuell selbst austesten möchte, kann beispielsweise ein US-VPN und ein Google Konto mit Standort USA nutzen.

Titelmotiv: Bild von Tumisu auf Pixabay

Astrid Kramer

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