Was denken Sie als Shop-Betreiber, wenn Sie hören, dass es eine Formel für mehr Gewinn im E-Commerce gibt? Das mag im ersten Moment wie großspurige Beutelschneiderei klingen. Wenn es so einfach ist, warum ist dann nicht jeder E-Commerce-Shop-Betreiber bereits steinreich?
Weil kaum jemand diese Formel kennt und anwendet. Genau das wollen wir ändern. Und keine Sorge: Diese Formel basiert einfach auf den großen betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen in E-Commerce-Unternehmen. Sie ist die Linse, durch die wir als E-Commerce-Agentur das Wachstum unserer Kunden betrachten und modellieren. Im Wesentlichen geht es darum, Besucher anzulocken, sie so oft wie möglich zu konvertieren, ihren Wert zu steigern, sich auf die variablen Kosten zu konzentrieren – und schon haben Sie ein profitables Wachstum. Das sind die Hebel, an denen Sie ziehen können. Wenn Sie jeden einzelnen Hebel in Ihrem Unternehmen analysieren, dann können Sie entscheiden, an welchem Sie zuerst ziehen möchten. Lesen Sie weiter, um die Formel und das Potential, das für Ihr E-Commerce-Unternehmen hinter ihr steckt, zu verstehen.
Gut: Die klassische Herangehensweise ans Thema “Umsatz”
Ganz klassisch denken die meisten E-Commerceler folgendermaßen über Nettoumsatz: Wie viel Traffic, also wie viele potentielle Kunden kommen auf die Webseite? Mit welcher Konversionsrate werden diese zu Kunden? Und wie viel Umsatz machen sie pro Bestellung?
Als klassische Formel also:
Traffic x Konversionsrate x Umsatz pro Bestellung = einmaliger Umsatz
Diese Zahl wird in diesem Ansatz als Umsatzziel betrachtet. Der Nachteil?
Diese Betrachtungsweise fokussiert sich auf den einmaligen, ersten Umsatz eines neuen Kunden. Sie lassen dabei ganz (ganz, ganz, ganz) viel Geld liegen. Denn für viele Unternehmen wird der meiste Umsatz – und auch der größere Teil der Marge – durch die Stammkunden eingefahren.
Und der erste Verkauf ist immer der schwierigste und teuerste. Das zeigt sich auch in den Marketingkosten pro Bestellung. Wie also können wir die Stammkunden in diese Formel mit einbeziehen?
Besser: Die 3 Hebel des E-Commerce nutzen
Um den Umsatz in Ihrem Onlineshop zu steigern, können Sie auf die folgenden drei Faktoren – die 3 Hebel des Wachstums für mehr Umsatz im E-Commerce – Einfluss nehmen:
Anzahl Kunden x Umsatz pro Bestellung x Häufigkeit, mit der ein Kunde bestellt = Umsatz über Kundenlaufzeit
wobei gilt:
Anzahl Kunden = Traffic x Konversionsrate
Wie Sie sehen, sind die ersten beiden Multiplikatoren – Anzahl Kunden und Umsatz pro Bestellung – genauso wie im klassischen Ansatz. Die Häufigkeit, mit der ein Kunde bestellt, fügt jetzt aber den Faktor Stammkunde zur klassischen Formel hinzu. Heraus kommt nun nicht der einmalige Umsatz, sondern der Umsatz über die Kundenlaufzeit.
Dieser Ansatz ist schon einiges besser als der klassische; nur beinhaltet er eben auch noch keine Kosteneffizienzbetrachtung und er ignoriert den Faktor Zeit. Denn die Kundenlaufzeit kann sich über Jahre hinweg ziehen, von der ersten bis zur letzten Bestellung. Deshalb betrachten die meisten Unternehmen ihre Kundenlaufzeiten über drei, sechs, 12 und 24 Monate. Im nächsten Kapitel gehe ich näher darauf ein.
Das heißt, in einem Unternehmen, in dem es unterschiedliche Margen gibt (beispielsweise hat das eine Produkt eine Marge von 30 Prozent und das andere von 50 Prozent), fällt diese Formel allein auch flach.
Am besten: Die 3 Hebel plus kaufbezogene Kosten
Ohne die Betrachtung der Kosteneffizienz optimieren Sie nämlich schnell die falschen Produkte. Also diejenigen Produkte, die zwar viel Umsatz machen oder oft bestellt werden, die aber dabei nur wenig Marge machen – beim ersten Kauf oder als erster Kauf einer Reihe von Produkten über die Kundenlaufzeit hinweg.
Vielleicht ist der Versand teuer oder es musste sehr viel Geld ins Marketing gesteckt werden. Letztendlich bleibt am Ende des Tages trotz hohem Umsatz wenig Marge hängen.
Deshalb müssen diese kaufbezogenen Kosten (etwa für Einkauf, Lager und Versand) auch in unsere “Zauberformel” mit einbezogen werden. Und zwar, in dem wir sie abziehen:
(Traffic x Konversionsrate x Umsatz pro Bestellung x Häufigkeit, mit der ein Kunde bestellt) – kaufbezogene Kosten = Deckungsbeitrag 1 über Kundenlaufzeit
Vielleicht haben Sie auch schon gemerkt, dass dabei kein Umsatz herauskommt, sondern der Deckungsbeitrag 1, betrachtet über die Laufzeit der Kunden – im Englischen auch als Lifetime Value (LTV) bezeichnet.
Der Deckungsbeitrag 1 zahlt die restlichen Kosten im Unternehmen. Also die Kosten, die nicht produktbezogen sind, wie produktgruppenbezogene Marketing- und Fixkosten, wie für Büromiete, Mitarbeiter und sonstige unternehmensbezogene Kosten. Davon bleibt nun der Gewinn übrig.
Die LTV:CAC-Ratio verrät die Profitabilität Ihrer Kunden
Mit der LTV:CAC-Ratio können Sie verschiedene Berechnungen anstellen, sowohl für das Gesamtunternehmen als auch pro Kunde, pro Produktebene oder pro Produktkategorie.
“CAC” steht für Customer Acquisition Cost, oder Kundenakquisekosten. Über die Marketingkosten pro Monat (abzüglich Kosten für Stammkundenmarketing wie E-Mail-Marketing-Software) und die Zahl der Neukunden pro Monat können Sie herausfinden, was ein Neukunde kostet. Also sämtliche Kosten, die pro Kunde und pro Bestellung für das Marketing angefallen sind.
Gemeinsam mit dem LTV führt das zur Betrachtung, wie viel Deckungsbeitrag 1 der Kunde über seine Laufzeit im Verhältnis zu seinen Akquisekosten gemacht hat, also LTV:CAC.
Im SaaS-Marketing (Software as a Service) liegt der Richtwert dafür bei 3:1. Im E-Commerce-Marketing liegt es bei 5:1 bis 7:1, da hier die Margen geringer sind. Generell gilt: Je höher die LTV:CAC-Ratio, desto mehr Ressourcen hat Ihr Unternehmen, um schneller und weiter zu wachsen, da das Marketing gut funktioniert und Marketingausgaben zügig wieder für die Re-Investition zur Verfügung stehen.
Die Marketingformel und die LTV:CAC-Ratio betrachten an sich das Unternehmen aus zwei Perspektiven – ähnlich wie bei einem Rubik’s Cube. Zusammen ergeben sie die strategischen Optionen, auf deren Basis sich das Unternehmen für mehr Gewinn aufstellen kann.
LTV:CAC-Ratio über 60 Tage Laufzeit
Jetzt fehlt trotzdem noch – wie bereits angesprochen – der Faktor Zeit. Es bringt ja nichts, wenn dieser Kundenwert erst nach einer langen Zeit realisiert wird. Also wenn die Kunden erst fünf, sechs, zehn Jahre nach ihrem Erstkauf den nächsten Kauf tätigen.
Deshalb betrachten wir in unserer Agentur immer auch den Kundenwert nach 60 Tagen. Nehmen wir als Beispiel einen Pralinenverkäufer. Der Kunde bestellt zum ersten Mal für 80 Euro Pralinen. Einen Monat später – also noch innerhalb der 60 Tage – bestellt der gleiche Kunde wieder für 80 Euro Pralinen. Das bedeutet, der Kundenwert hat sich innerhalb der ersten 60 Tage bereits verdoppelt; sofern die Marge der Bestellung gleich bleibt.
Die Akquisekosten für diesen Kunden sind aber immer noch gleich; diese sind nicht gestiegen, da der bereits bestehende Kunde beispielsweise via E-Mail-Marketing reaktiviert wurde. Der Kundenwert hat sich gegenüber den Akquisekosten pro Kunde also verdoppelt. Hammer!
LTV:CAC-Ratio über 365 Tage Laufzeit
Interessant ist auch der Kundenwert nach einem Jahr, also nach 365 Tagen. Wie oft wurde nach 365 Tagen im Durchschnitt über alle Kunden hinweg bestellt?
Klar wird es Kunden geben, die nur zweimal kaufen, während andere im gleichen Zeitraum zehnmal auf “Bestellen” klicken – aber hier sprechen wir immer von der Durchschnittsbetrachtung.
Einfacher lässt es sich in einem Diagramm veranschaulichen:
Wenn der Kunde nur einmal – am Tag null – bestellt, sind die Kosten der Kundenakquise gleich wie die Kosten für diese eine Bestellung. Nehmen wir an, Sie schaffen es, dass ein Drittel der Kunden nach 60 Tagen eine zweite Bestellung aufgegeben haben. Das bedeutet, der Kundenwert steigt über Laufzeit um 30 Prozent.
Nehmen wir weiter an, dass Sie es nach 365 Tagen geschafft haben, dass jeder zweite Kunde mindestens noch eine zweite Bestellung getätigt und dadurch den LTV verdoppelt hat. Dann haben sich die Kosten pro Bestellung sogar halbiert.
Das ist das Geheimnis erfolgreicher E-Commerce-Marken: Sie schaffen es, die Stammkunden immer und immer wieder zu reaktivieren. Indem Sie den Erstkäufer dazu verführen, nochmal zu kaufen, lohnt sich der Invest in die Generierung dieses Kunden viel mehr, als wenn er nur einmal kauft.
Benchmarks der E-Commerce-Marketingformel im Konsumgüterbereich
Alles schön und gut, aber was sind denn nun Benchmarks für diese ganzen Zahlen?
Der Deckungsbeitrag 1 sollte 60 Tage nach der ersten Bestellung um 30 Prozent durchschnittlich über den gesamten Shop gewachsen sein. Und nach 365 Tagen sollte dieser Wert bei 100 Prozent liegen.
Das bedeutet nämlich, dass sich die Kundenakquisekosten pro Bestellung halbieren (pro Kunde bleiben sie gleich) und weist auf einen E-Commerce-Shop hin, der tatsächlich investieren und wachsen kann oder einfach mehr Gewinn erwirtschaftet.
Mehr Gewinn mit der E-Commerce-Marketingformel
Zur Erinnerung: Die Zauber Marketingformel lautet:
(Anzahl Kunden x Umsatz pro Bestellung x Häufigkeit, mit der ein Kunde bestellt) – kaufbezogene Kosten = Deckungsbeitrag 1 über Kundenlaufzeit
Das bedeutet, um letztendlich mehr Gewinn zu erzielen, haben Sie (in einem klassischen Unternehmenssystem) zwei Stellhebel auf der Kostenseite, die Sie reduzieren wollen:
- Kaufbezogene Kosten
- Marketingkosten
Und auf der Umsatzseite haben Sie drei Stellhebel, die Sie erhöhen müssen – und zwar am besten alle drei gleichzeitig:
- Anzahl Kunden
- Umsatz pro Bestellung
- Häufigkeit, mit der ein Kunde bestellt
Hundert Prozent mehr Gewinn in einem Jahr? Geht. Bevor Sie mehr und mehr Werbebudget verpulvern, müssen Sie nur an den richtigen Stellschrauben drehen. Betrachten Sie Ihre Neukundenkohorten und deren Wert für Ihre Unternehmung über Zeit. Segmentieren Sie Ihre Betrachtung in verschiedene Dimensionen: Werbekanäle, Kampagnen, Werbemittel, Bedarfsgruppen oder zugrunde liegende Ereignisse und Bedarfe.
Bildnachweis: Photo by John Schnobrich on Unsplash
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