Am 01.01.2015 treten europaweit neue umsatzsteuerliche Regelungen für Endkundenkäufe in Kraft. Bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Telekommunikations-, Rundfunk- und sonstigen elektronischen Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Union (EU) sind dann wichtige Änderungen zu beachten!

Zum Hintergrund

Die Umsatzsteuer ist eine sogenannte Verkehrssteuer, mit der grundsätzlich der gesamte private sowie öffentliche Verbrauch belastet wird. Die Umsatzsteuer besteuert den privaten Endverbrauch und wird damit wirtschaftlich auch vom Verbraucher getragen, wohingegen Lieferungen und Leistungen zwischen Unternehmen steuerneutral erfolgen.

Bisher werden Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen sowie auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen an private Endverbraucher an dem Ort versteuert, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (sogenanntes Ursprungslandprinzip). Das heißt: Ein in Deutschland ansässiger Unternehmer, welcher elektronische Dienstleistungen an private Endverbraucher in anderen EU-Ländern erbringt, unterwirft diese Umsätze der deutschen Umsatzsteuer, das sind nach dem aktuellen Mehrwertsteuersatz 19 %.

Die neue Mehrwertsteuerregelung2015 betrifft vor allen zwei Punkte:

  1. Innerhalb der EU gelten unterschiedliche Umsatzsteuersätze, was zu einem Wettbewerbsvorteil für Länder mit einem niedrigeren Steuersatz geführt hat. Anhand der Umsatzsteuersätze von Luxemburg (15 %), Spanien (18 %), Österreich (20 %) oder Ungarn (25%; alle Angaben ohne Gewähr) ist das Umsatzsteuergefälle innerhalb der EU deutlich erkennbar. Dieser Nachteil soll durch die neue Mehrwertsteuerregelung 2015 ausgeräumt werden. Künftig ist auch für Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen sowie auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen an private Endverbraucher der Ort des Dienstleistungsempfängers für die Höhe des auszuweisenden Umsatzsteuersatzes ausschlaggebend.
  2. Der Unternehmer ist für die Erhebung und Entrichtung der Umsatzsteuer verantwortlich (Steuerschuldnerschaft). Die Umsatzsteuereinnahmen sollen jedoch immer demjenigen Land zufließen, im dem die Nutzung durch den Endverbraucher erfolgt (sogenanntes Bestimmungslandprinzip).

Für welche Güter gilt die neue Mehrwertsteuerregelung 2015?

Die neue Mehrwertsteuerregelung 2015 gilt für die grenzüberschreitende Erbringung von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen an Endkunden in der Europäischen Union (EU) sowie (bestimmte) Übersee-Départements und Regionen, die außerhalb des europäischen Mutterlandes liegen. . Die wichtigste Frage für Sie als Anbieter ist natürlich: Fallen meine Dienstleistungen unter die neue Regelung? Muss ich die Umsatzsteuer künftig nach dem Ort des Dienstleistungsempfängers bemessen (sogenanntes Bestimmungslandprinzip) und muss ich die Umsatzsteuer an das entsprechende EU-Land abführen? Zunächst sind folgende Dienstleistungen zu unterscheiden, für die die neuen Vorgaben gelten:

  1. elektronische Dienstleistungen,
  2. Rundfunkdienstleistungen und
  3. Telekommunikationsdienstleistungen

Was sind elektronische Dienstleistungen?

Das weiteste Feld, das von der neuen Mehrwertsteuerregelung 2015 betroffen ist, sind die elektronischen Dienstleistungen. Neben Internetservices wie Websites und Webhosting-Produkten, Software mit Updates sowie die Fernwartung von Software gehören dazu Leistungen wie zum Beispiel: Automatisierte Fernunterrichtsleistungen, Video on Demand, kostenpflichtige Preisvergleiche, die Bereitstellung von Texten, Bildern, Musik und Filmen, Online-Glücksspiele, Lotterien, Beherbergungsleistungen, Restaurantdienstleistungen, Personenbeförderungsdienste oder Pay-per-View-Sendungen aus den Gebieten: Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung.

Was sind Rundfunkdienstleistungen?

Zu dieser Kategorie gehören zum Beispiel kostenpflichtige Hörfunk- und Fernsehkanäle, die dem Nutzer zeitgleich bzw. quasizeitgleich zur Verfügung gestellt werden. Quasizeitgleich nennt man die Leistung in den Fällen, in denen z.B. eine Sendung individuell vom Nutzer bestimmt zeitversetzt oder als vorprogrammierte Aufzeichnung gesehen wird. Welches Medium für Rundfunkdienstleistungen genutzt wird, ob Kabel, Antenne, Satellit, Internet oder ähnliche elektronische Netzwerke wie IP-Streaming, ist unerheblich. Damit eine Dienstleistung in die Kategorie Rundfunkdienstleistungen fällt, muss sie grundsätzlich einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, das kann auch eine regionale Öffentlichkeit sein, z.B. ein regionaler Sender.

Was sind Telekommunikationsdienstleistungen?

Unter Telekommunikationsdienstleistungen fallen Dienstleistungen wie Festnetz- und Mobiltelefonie zur Ton-, Daten- und Videoübertragung sowie Videofonie, Internet-Telefonie und Personenrufdienste, zum Beispiel Paging-Dienste. Auch Fax-, Telegrafie und Fernschreibe-Dienste zählen zu dieser Kategorie.

Worauf müssen Sie als Anbieter achten?

Klären Sie als erstes, ob die neue Mehrwertsteuerregelung 2015 Einfluss auf Ihr Business haben wird. Das ist nur dann der Fall, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:

  1. Sie müssen Telekommunikations-, Rundfunk- und/oder elektronischen Dienstleistungen anbieten.
  2. Ihre Dienstleistungen werden unter anderem von Endverbrauchern genutzt.
  3. Sie haben Endverbraucher aus dem EU-Ausland, die Ihre Dienstleistungen beziehen.

Sind Sie von der neuen Mehrwertsteuerregelung 2015 betroffen, sollten Sie schnell handeln, denn bis zum Inkrafttreten am 01.01.2015 bleiben Ihnen nur noch wenige Wochen!
Die zentrale Frage für Sie lautet natürlich: Wie stellt man diese Änderungen auf der Webseite richtig dar? Das betrifft:

Das Pricing: Grundsätzlich haben Sie zwei Möglichkeiten. Entweder Sie legen Ihren derzeit gültigen Nettopreis zu Grunde und addieren den Betrag für die länderspezifische Umsatzsteuer hinzu (was unter Umständen zu „unschönen“ Endkundenpreisen führen kann). Oder aber, Sie arbeiten mit europaweit fixen Endkundenpreisen, und nehmen mögliche Margenverluste bei höheren Umsatzsteuersätzen in Kauf. Denn bei Bestellungen aus dem EU-Ausland müssen Sie den länderspezifischen Umsatzsteuersatz in voller Höhe abführen.

Die Preisdarstellung: Für welche Variante des Pricings Sie sich auch entscheiden: Sie sollten dabei unbedingt die Preisgestaltungsvorschriften (Preisangabenverordnung) beachten. Gegenüber Endkunden müssen Sie immer den Bruttopreis ausweisen. Machen Sie bei der Preisdarstellung zum Beispiel deutlich, dass es sich bei dem ausgewiesenen Preis um einen Bruttopreis inklusive der deutschen Umsatzsteuer von 19 % handelt und für andere EU-Länder gegebenenfalls abweichende länderspezifische Umsatzsteuersätze gelten.

Änderungen im Bestellsystem: Wenn Sie in Ihrem Bestellsystem länderspezifische Umsatzsteuersätze hinterlegen, müssen Sie unter Umständen neue Konten und neue Produkt-IDs anlegen etc. Bevor Sie mit diesen Änderungen live gehen, sollten Sie das System unbedingt testen.

Anpassung der Rechnungsstellung: Selbstverständlich müssen Sie bei der Rechnungsstellung an Kunden aus dem EU-Ausland die jeweils gültige Umsatzsteuer korrekt ausweisen. Darüber hinaus gelten die länderspezifischen Regeln für die korrekte Rechnungsstellung.

Komfortable Umsatzsteuerabführung über MOSS/KEA: Umsatzsteuer, die Sie aus Verkäufen an Endverbraucher aus dem EU-Ausland einnehmen, muss grundsätzlich in den entsprechenden Mitgliedsländern erfasst und dorthin abgeführt werden. Über das Verfahren MOSS (Mini-One-Stop-Shop) oder auch KEA (kleine einzige Anlaufstelle) haben in Deutschland ansässige Unternehmen die Möglichkeit, die Meldung zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf elektronischem Weg zu übermitteln und die sich ergebende Steuer insgesamt zu entrichten. Registrierungen für das MOSS/KEA-Verfahren sind seit dem 01.10.2014 möglich.

Klären Sie bitte steuerrechtliche Fragen zum Mehrwertsteuerpakte frühzeitig mit Ihrem Steuerberater. Die hier zur Verfügung gestellten Informationen ersetzen keine individuelle steuerliche Beratung und sind somit unverbindlich und ohne jegliche Gewähr.

Informationen an die Kunden: Wenn Sie von der neuen Mehrwertsteuerregelung2015 betroffen sind und Kunden im europäischen Ausland haben, sollten Sie diese rechtzeitig informieren. Idealerweise in Form einer Vorankündigung zum Bespiel Mitte Dezember und einer Information zu den Änderungen im Bestell- und Rechnungsstellungsprozess, die zeitnah zur Umstellung selbst erfolgen sollte.

Was ändert sich für Host Europe-Kunden aus dem EU-Ausland?

Als Internet-Serviceprovider sind wir selbst von der neuen Mehrwertsteuerregelung 2015 betroffen. Auf der Webseite von Host Europe werden ab dem 01.01.2015 alle Produkte und Dienstleistung auch weiterhin inklusive des für Deutschland gültigen Umsatzsteuersatzes von 19 % dargestellt.
Ihren Warenkorb können Sie sich künftig mit länderspezifischen Bruttopreisen anzeigen lassen, wählen Sie dazu über die Selectbox einfach Ihr Land aus. Bestellen Sie z.B. aus einem EU-Land mit einem Mehrwertsteuersatz von 20 % ein Webhosting-Paket Medium, das Ihnen zunächst mit 9,99 Euro inkl. der deutschen Umsatzsteuer von 19 % angezeigt wurde, so zahlen Sie den einheitlich zugrundeliegenden Nettopreis von 8,39 Euro zuzüglich Ihres Umsatzsteuersatzes von 20 %.
Der länderspezifische Bruttopreis beträgt dann 10,06 Euro. Die Umsatzsteuer beträgt in diesem Fall 1,67 Euro und wird von uns an die Finanzbehörden abgeführt.

Weitere Informationen zum Mini-One-Stop-Shop-Verfahren (MOSS) finden Sie unter: www.bzst.de

Bildnachweis: Fotolia, Lizenz: Host Europe

Wolf-Dieter Fiege

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