Beim CMS-Garden handelt es sich um ein Team unabhängiger Berater von CMS-Systeme auf der Basis von Open Source-Software. Als Experten informieren die Mitglieder des CMS-Garden über die Eigenschaften, Vorteile und Nachteile sowie über die Einsatzmöglichkeiten der jeweiligen CMS-Systeme. In unserem Interview gibt Robert Windisch Einblicke in die Arbeit des CMS-Gardens.
Host Europe: Hallo zusammen und herzlich willkommen zu einem kleinen Talk am Rande des WordCamps hier in Soltau (#wcretreat). Neben mir sitzt Robert Windisch, Webdeveloper bei Inpsyde, Member of WordPress Germany und engagiertes Mitglied des Beraterteams des CMS-Garden. Als Mitglied des CMS-Garden erkennt man dich sehr gut am typischen Strohhut, dem Markenzeichen des CMS-Garden. Und damit komme ich gleich zu meiner ersten Frage:
Wie kam es eigentlich zum Namen – CMS-Garden?
Robert: CMS ist klar, das steht für Content-Management-Systeme auf Basis von Open Source. Garden steht für die Idee von Vielfalt und Harmonie. Als WordPress-Vertreter müsste ich eigentlich ein Problem mit Drupal, Joomla oder anderen CMs-Systemen haben. Wir sind ja schließlich Konkurrenten – im gleichen Markt. Aber wir haben sehr schnell gemerkt, dass jedes CMS-System einen unterschiedlichen Workflow hat. Wir sind unterschiedlich und auch die Zielgruppe ist eine andere. Denn die Zielgruppen haben jeweils einen anderen Workflow.
Host Europe: Es gibt ja richtige Fans, die zum Beispiel sagen: Ich würde immer WordPress benutzen, Joomla niemals …
Robert: Ja genau. Es gibt da ja das alte Sprichwort: Wenn man nur einen Hammer hat, wird alles in der Welt zu einem Nagel. Das heißt: man kann die Vielfalt und die Flexibilität der anderen CMS-Systeme nicht sehen – wenn man nicht deren Workflow braucht. Man benötigt zum Beispiel kein sehr komplexes Berechtigungssystem, wie zum Beispiel von TYPO 3 oder man braucht keine sehr flexible Datenstruktur, wie sie Drupal zu bieten hat …
Host Europe: Das sind teilweise ja auch wichtige Vorteile.
Robert: Genau, das sind Vorteile.
Host Europe: Ihr bringt diese Vorteile zusammen, indem ihr CMS-Systeme miteinander in Kontakt bringt?
Robert: Ja, wir kennen auch die Vorteile der anderen CMS-Systeme. So können wir auf Messen, wie der internetword, die Besucher übergreifend beraten. Auf der CEBIT kam zum Beispiel jemand an unseren Stand und sagte: Ich weiß nicht so recht, welches CMS-System das richtige für mich ist. Ich bin mir nicht sicher, welches ich brauche.“
Der Besucher hat uns dann seine Seite gezeigt und sich da durchgeklickt.
Um den Kunden herum standen wir vom CMS-Garden: Da waren Berater für WordPress, Joomla und Drupal und haben sich die Seite genau angeschaut und sie haben sehr genau darauf geachtet: Was genau benutzt der Kunde? Wie benutzt er seine Seite? Was genau braucht er? …
Der Drupal-Berater hat dann schnell gemerkt: Ok, das ist nicht so richtig, was mein System macht. Das wäre zu komplex, wenn man die Seite mit dem System Drupal machen würde. Deswegen wäre Drupal in diesem Fall nicht sinnvoll.
Host Europe: Ihr von CMS-Garden sucht also über die Aufgabe das passende System.
Robert: Ja genau. Wir suchen das System, das der Lösung des Problems so nahe wie möglich kommt. Wir empfehlen das System, das den Workflow so gut wie möglich schon abbildet. Die letzten Meter bis zum Ziel kann man dann mit Individual-Programmierung oder über die Integration von anderen Dingen wie z.B. Erweiterungen/Plugins etc. erreichen.
Host Europe: Diese Anpassungen übernehmt ihr vom CMS-Garden dann aber nicht – oder? Sondern ihr empfehlt in diesen Fällen Spezialisten.
Robert: Ja genau. Beim CMS-Garden handelt es sich ja eine Kooperation der CMS-Systeme, besser gesagt, um eine Kooperation der Mitglieder aus den jeweiligen Communities. Das sind meistens Leute, die das System selbst benutzen. Dass können Community-Mitglieder sein. Das können Firmen sein. Das können Freelancer sein. Das können aber auch Privatpersonen sein, die das System in ihrer Freizeit benutzen.
Das versetzt uns in die Lage, dass wir die Experten für das jeweilige System oder für die jeweilige Problemlösung kennen oder manchmal auch selbst die Experten sind. Aber wir haben selten einen Sale auf dem Event.
Host Europe: Ihr seid unabhängige Berater?
Robert: Ja genau.
Host Europe: Und wer bucht euch? Kommt ihr selbst auf Messen oder werdet ihr „angefordert“.
Robert: Es gibt verschiedene Stammevents, wo wir von CSM-Garden sind. Von der internetworld werden wir eingeladen, um das Thema Open Source CMS-Systeme bei den Besuchern der Messe bekannt zu machen. Dadurch gewinnt die internetworld weitere Zielgruppen.
Host Europe: Ihr habt einen eigenen Stand – das ist ganz wichtig. Ihr seid nicht Teil des Messeauftritts eines anderen Anbieters, sondern ihr habt einen eigenen Stand. So tretet ihr als neutraler Berater auf.
Robert: Ja, wir sind sozusagen Botschafter für die jeweiligen CMS-Systeme. Auf der FrOSCom in St. Augustin haben wir auch einen eigenen Stand, auf dem wir Fragen zu CMS-Systemen und Open Source beantworten. Als CMS-Garden kennen wir das Prinzip OpenSource sehr gut und leben es.
Host Europe: Ihr habt aber auch eigene Veranstaltungen.
Robert: Wir haben die CMS-Garden-UnConference, die immer im November stattfindet. Auf der Seite CMS-Garden.org findet man alle Events – auch die UnConference.
Auf der UnConference werden Themen besprochen, die verschiedene Content-Management-Systeme betreffen. Das sind übergreifende Themen wie zum Beispiel:
- Wie findet man Nachwuchs?
- Unterschiedliche Datenstrukturen – am Beispiel der Mehrsprachigkeit
Anhand dieser Beispiele kann man dann sehen, wie andere Systeme das lösen. Wir können davon lernen und daraus die bestmöglichen Vorteile und Anregungen für unsere Systeme herausziehen.
Host Europe: Und ihr spiegelt die Erfahrungen, die ihr im Austausch mit anderen CMS-Systemen macht, in die Community zurück? Du für WordPress, andere für Drupal oder Joomla etc.
Robert: Ja. Jeder ist auch in seinen Communities aktiv. Das heißt: Wir haben den Kontakt zu unseren Communities und reflektieren die CMS-übergreifenden Probleme. Für die Lösung können wir auf unsere Communities zurückgreifen. Darüber hinaus bleiben wir als CMS-Berater immer in Kontakt miteinander, übergreifend – über den Tellerrand hinaus.
Host Europe: Du als Spezialist für WordPress besuchst natürlich regelmäßig WordCamps. Das wievielte WordCamp ist das jetzt eigentlich für dich?
Robert: Ich bin seit Jahren auf diesen Events unterwegs. Mein erstes WordCamp besuchte ich 2009 – glaube ich.
Host Europe: Du besuchst aber nicht nur WordCamps in Deutschland.
Robert: Nein, ich bin weltweit unterwegs: auch auf WordCamps in den USA und in verschiedenen europäischen Ländern. Das WordCamp Retreat in Soltau könnte jetzt das 15. WordCamp sein, auf dem ich war.
Host Europe: Was sind für dich aktuell die wichtigsten Entwicklungen bei WordPress? Was ist die Perspektive von WordPress?
Robert: Die größte Änderung von WordPress betrifft die Änderung des Editors. Der Editor ist das Feature, mit dem man den Content-Bereich bearbeiten kann. Dieser Editor wird ersetzt. Er wird nicht nur ersetzt, sondern auf den technisch aktuellen Stand gehoben. Denn wir haben gemerkt, dass Nutzer von WordPress eine einfachere, recht intuitive zu bedienende Lösung erwarten. In anderen System wie z.B. Medium ist das jetzt schon besser gelöst und man kann sein Ziel einfacher erreichen.
Host Europe: Du meinst, WordPress müsste intuitiver werden, was die Bedienung betrifft?
Robert: Für den Publishing Bereich nutzt WordPress aktuell den TinyMCE Editor (Tiny Moxiecode Content Editor), mit dem man den Content-Bereich verwaltet. Dieser Editor wird langfristig durch ein neues System ersetzt. Mit dem neuen System wird sich der Inhaltsbereich durch den Redakteur bzw. Nutzer viel einfacher pflegen lassen. Das System bzw. der neue Editor heißt Gutenberg und ist bereits als Plugin verfügbar.
Host Europe: Ja, man hört ja schon viel vom Gutenberg-Project von WordPress, aber viele kennen es noch nicht – oder haben bisher nur den Namen gehört.
Robert: Genau, das wird sich ändern. Aktuell ist dieses Feature noch nicht fertig. Daher ist das Gutenberg-Project nur in WordPress und den angrenzenden Bereichen des Web bekannt. Sobald das Feature fertig ist, wird auch im WordPress Backup angekündigt werden, dass es kommen wird. Das ist dann die Version WordPress 5.0. Denn WordPress 5.0 wird nur mit dem Gutenberg-Editor erscheinen. Es sei denn, irgendetwas Großes passiert jetzt noch.
Host Europe: Was meinst du, wann wird das ungefähr sein? Kommt WordPress 5.0 in ein paar Monaten oder in einem halben Jahr?
Robert: Es hetzt uns keiner. Wir wollen den Gutenberg-Editor und WordPress 5.0 natürlich so schnell wie möglich fertigstellen. Aber wir müssen dabei die starke Verbreitung von WordPress beachten. Mittlerweile sind ja ca. 30% aller Webseiten weltweit WordPress-Seiten. Deshalb sind wir angehalten, sehr vorsichtig zu arbeiten. Das heißt, wir können WordPress 5.0 mit dem Gutenberg-Editor erst ausrollen, wenn wir sicher sind, dass die User, die das benutzen werden, abgeholt sind. Sie müssen sich zurechtfinden können und die Software muss so fehlerfrei sein, soweit wie nur möglich, damit die Migration auf die neue Software so leicht wie möglich ist.
Wir müssen sehr sorgsam sein, damit die User mit dem neuen Tool intuitiver arbeiten können und keine Probleme haben. Deshalb gibt es auch noch keinen Release-Termin. Der Release des Gutenberg-Editors und WordPress 5.0 war für dieses Jahr angekündigt und es sollte in diesem Jahr noch passieren. Und ich gehe auch stark davon aus, dass es dieses Jahr passieren wird, denn an dem Tool wird seit Anfang 2017 gearbeitet. Es wird aber kaum zu übersehen und zu überhören sein, wenn die Version WordPress 5.0 kommen wird.
Host Europe: Wir dürfen gespannt sein. Wird es mit WordPress 5.0 auch einfach für Einsteiger?
Robert: Ja, auf jeden Fall.
Host Europe: Wird WordPress 5.0 die Brücke zum Homepage-Baukasten schlagen? Oder anders ausgedrückt: Wird die Bedienung von WordPress 5.0 so einfach, wie die Bedienung eines Homepage-Baukastens werden – oder sich zumindest in diese Richtung entwickeln?
Robert: Gutenberg als Ersatz für den TinyMCE-Editor ist der erste Schritt, um den Usern die Benutzung von WordPress weiter zu vereinfachen. Aber es werden noch Folgeschritte kommen.
Host Europe: Die Themes werden sich wahrscheinlich verändern müssen – oder?
Robert: Bei der aktuellen Version des Gutenberg-Editors werden Themes so gut wie kaum Änderungen haben müssen, da WordPress abwärtskompatibel aufgebaut ist. Es wird weiterhin HTML rauskommen. Zudem wird die HTML-Struktur relativ ähnlich sein. Aufgrund der Abwärtskompatibilität von WordPress werden wir Themes nur geringförmig anfassen müssen. Obwohl der Wechsel zu Gutenberg ein radikaler Wechsel ist, wird der Output, der von WordPress erzeugt wird, so gut wie gleichbleiben, damit User mit allen Tools, die jetzt darauf aufbauen und mit allen Designs, die jetzt verwendbar sind, weiterarbeiten können.
Host Europe: Es wird voraussichtlich also keine größeren Probleme für all diejenigen geben, die WordPress jetzt aktuell benutzen. Und das sind ja Hunderttausende, um nicht zusagen – Millionen.
Robert: Genau. Es sind mehrere Millionen. Deswegen muss man da vorsichtig sein. Wir sind uns dieser Verantwortung sehr bewusst und gehen sehr behutsam damit um.
Aber der Gutenberg Editor ist erst der Anfang einer Überarbeitung von WordPress. Das Ziel ist es, WordPress so stark zu vereinfachen und die Administration so intuitiv zu gestalten, dass man WordPress sehr einfach und intuitiv benutzen kann.
Host Europe: Werden wir in den weiteren beiden Tagen noch mehr über Gutenberg hören oder ist der neue Editor auf diesem WordCamp kein großes Thema?
Robert: Das WordCamp Retreat ist ja das erste dieser Art auf der Welt
Host Europe: Das WordCamp Retreat hat ein komplett anderes Konzept als die klassischen WordCamps. Das wissen die meisten wahrscheinlich gar nicht. Es gibt nicht die typischen Sessions, wie sonst. Sessions gibt es zwar auch, aber nicht in diesem Ausmaß, sondern sie werden durchmischt mit Aktivitäten. Diese Aktivitäten spielen eine große Rolle. Zum Beispiel machen wir zusammen Sport. Es gibt andere Outdoor-Aktivitäten, die wir zusammen unternehmen. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Man lernt sich schneller und besser kennen. Die Stimmung ist lockerer.
Robert: Normalerweise ist es auf den WordCamps so ja. Die Teilnehmer arbeiten am Tag zusammen. Sie gestalten WordPress und bringen das WordPress-Projekt weiter voran. Abends fährt man dann zum Hotel. Aber hier ist das Hotel die Location. Jeder ist und bleibt in der Nähe. Niemand muss weit reisen. Das schweißt enger zusammen. So haben wir hier Gespräche von morgens beim Frühstück bis abends an der Bar.
Hier gibt es Community-Gespräche von Leuten, die normalerweise nichts miteinander zu tun haben. Sie können jetzt übergreifend über Themen und Ideen reden – über WordPress allgemein oder über spezielle Probleme, Ideen oder Projekte. Da kann jeder für sich viel rausziehen, was auf einem normalen WordCamp so nicht möglich war. Hier beim WordCamp Retreat in Soltau ist der Rahmen durch die Aktivitäten und Workshops ein ganz anderer geworden.
Host Europe: Schönen Dank für das Gespräch, Robert. Ich wünsche dir noch viel Spaß auf den WordCamp Retreat hier in Soltau.
Interview: Wolf-Dieter Fiege, Host Europe
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