Häufig fragen Auftraggeber danach, wohin sich Content Marketing in naher Zukunft entwickeln wird. Ohne hellseherische Fähigkeiten haben zu müssen: Ein Thema, um das Content Marketer in der nächsten Zeit sicher nicht herumkommen werden, ist Data bzw. Data-driven Content Marketing. Denn die Ansprüche der User an die Unternehmen, ihre Produkte und vor allem ihre Kommunikation steigen immer weiter. Und im harten Konkurrenzkampf um ihre Gunst wird die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Content immer lauter. In diesem Umfeld ist Content Marketing, das auf Basis reiner Intuition stattfindet, nicht mehr effektiv genug.
In einer Umfrage von Adobe nach den Digitalen Trends 2016 gaben bereits über die Hälfte aller Teilnehmer „Data-driven Marketing“ die höchste Priorität für ihre Marketing Strategie 2016. Gleichzeitig stuften sie den richtigen Umgang mit den Daten jedoch auch noch als große Schwierigkeit ein. (Content) Marketern ist häufig nicht klar, wie sie die Daten erheben und für ihre Zwecke nutzen können: Ein unüberschaubarer Content-Pool auf der einen Seite, die Frage nach den Daten dazu auf der anderen Seite. Also wie anfangen?
1. Konkrete Fragen stellen
Jeder Content Marketer kennt wahrscheinlich die Frage nach dem „besten Content“. Diesen einen besten Content gibt es aber leider nicht. Klar: Qualität, Natürlichkeit und Storytelling sind wichtig. Doch für den letztendlichen Erfolg oder Misserfolg spielen in der Regel viele verschiedene Faktoren zusammen. Um diese mithilfe von Daten zu analysieren, gilt es zunächst, konkrete Fragestellungen zu finden.
Was heißt das? Zur Veranschaulichung ein typisches Beispiel: Der Betreiber eines Online-Shops bietet seinen Usern auch einen Blog mit einer bunten Mischung an Beiträgen, darunter zum Beispiel News zum Unternehmen, Produkt-Reviews und diverse Ratgeber. Er möchte, dass möglichst viele potentielle Kunden den Blog lesen und gut finden. Sie sollen die Artikel teilen und so noch mehr Menschen auf den Blog bringen. Außerdem sollen sie durch den Blog auf den Online-Shop aufmerksam gemacht werden und zum Kauf der Produkte angeregt werden… und, und, und.
Wenn man nun herausfinden möchte, was der Content dahingehend bereits leistet und was man noch verbessern könnte, müsste dafür eine Reihe von unterschiedlichen Fragen beantwortet werden. Dazu gehören zum Beispiel:
- Wie viele User lesen den Blog aktuell überhaupt? Und auf welchen Wegen gelangen die User dort hin?
- Welche Beiträge werden gelesen? Gibt es zum Beispiel Artikel-Arten, Themen oder Autoren, die besonders beliebt sind?
- Wie genau lesen User die Blogartikel? Lesen sie die Artikel aufmerksam durch oder überfliegen sie nur einzelne Textbausteine?
- Hat das Lesen der Blogartikel Einfluss darauf, wie sich User ansonsten auf der Seite verhalten? Mit welcher Wahrscheinlichkeit lesen sie zum Beispiel weitere Artikel?
2. Daten mit geeigneten KPIs erheben
Erst solche oder ähnliche Fragestellungen können durch geeignete Datenerhebungen gezielt beantwortet werden. Hierfür stehen heute unendlich viele Möglichkeiten zur Verfügung, sodass es eigentlich immer irgendeine Lösung gibt, um an die gewünschten Daten zu gelangen. Aufwand bzw. Kosten variieren allerdings stark.
Kostenlose und relativ unkompliziert abrufbare Einblicke in eine ganze Reihe interessanter Daten gewähren für einen ersten Eindruck Webanalyse-Tools wie Google Analytics. Sie liefern ihre Informationen mithilfe verschiedener KPIs (Key Performance Indicators) zu demografischen Daten (wie Alter, Geschlecht, Wohnort) und vor allem zu verhaltensbezogenen Daten, die zum Beispiel zeigen, wie sich die User auf der Website verhalten.
Einige interessante KPIs zum User-Verhalten sind beispielsweise:
Pageview | Wie oft sind die User auf genau welchen Seiten? (Welche Seiten und Themen rufen also das meiste Interesse hervor?) |
Visitors vs. Returning Visitors | Wie groß ist die User-Anzahl insgesamt und kehren die User erneut auf die Seite zurück? (Zieht der Content nur viele User an oder animiert er sie auch zum Wiederkommen?) |
Average Time on Page | Wie lange konsumieren User den Content? (Überfliegen sie ihn also nur oder lesen sie ihn sorgfältig durch?) |
Average Number of Pages | Wie viele Seiten suchen User auf? (Bleiben sie also nur auf der Einstiegsseite oder navigieren sie weiter?) |
Bounce Rate | Wo und wie oft springen User ab? (An welchen Stellen wird die Customer Journey auf der Seite also unterbrochen?) |
Likes, Shares, Tweets etc. | Wie groß ist die Resonanz, die der teilbare Content erzeugt? |
Devices | Mit welchen Geräten – Smartphone, Tablet, Laptop – navigieren die User bevorzugt in welchen Bereichen? |
Wer sich zum Beispiel die Frage beantworten möchte, wie genau User einen Beitrag lesen, kann erste Hinweise bereits durch die Daten zur durchschnittlichen Zeit auf der Seite beantworten. Auch für konkretere Einblicke bietet Google Analytics aber eine Möglichkeit über das Tracking von Events: So kann über das sogenannte Scroll Tracking beispielsweise festgestellt werden, an welchen Stellen einer Seite sich die User wie lange aufhalten.
3. Schlussfolgerungen ableiten
Stehen die Daten zur Verfügung, müssen diese noch sinnvoll ausgewertet und interpretiert werden. Beispielsweise ist es nicht aufschlussreich, für eine Seite einfach nur viele oder wenige Pageviews festzustellen. Stattdessen könnte aber analysiert werden, wie groß die Anzahl der Pageviews einer Seite im Vergleich zur durchschnittlichen Gesamtanzahl an Pageviews der gesamten Website ist. Oder gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den Seiten mit dem höchsten bzw. den Seiten mit dem niedrigsten Wert?
Zur Veranschaulichung: Ein bekanntes Beispiel aus dem englischsprachigen Raum ist ein Data-driven Content Marketing Projekt von CoSchedule. Das Unternehmen bietet einen Kalender an, der beispielsweise Blogger bei der Content-Planung unterstützt. Mit dem System stand eine Datenbank von knapp einer Million Headlines und Daten dazu, inwiefern diese geshared wurden, zur Verfügung. Die Verantwortlichen untersuchten also ihren Pool an Headlines auf Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Blogbeitrag geshared wird. Zu den interessantesten Ergebnissen gehörte im Jahr 2014 sicher, dass einerseits häufig Posts in Form von Listen geshared werden und dass andererseits ein großer Zusammenhang zwischen emotionalen Headlines und der Anzahl an Shares besteht.
4. Kreativ werden!
Daten können also sehr gut genutzt werden, um bestehende Content Projekte zu analysieren und zu optimieren. Content Marketing, das an dieser Stelle stehen bleibt, verschenkt aber einen großen Teil des Potentials von Data. Die Daten sind nämlich häufig auch eine wunderbare Inspirationsquelle für einzigartiges Storytelling. Denn: Könnten die Daten nicht auch für die User hilfreich oder interessant sein? Oder lassen die Daten vielleicht Rückschlüsse auf etwas Menschliches dahinter zu?
CoSchedule behielt seine Erkenntnisse zum Beispiel nicht für sich, sondern stellte sie kostenlos zur Verfügung. Der erste Blogbeitrag auf OkDork.com ist bis heute mehr als 170-mal kommentiert worden und wird aktuell von 173 Domains verlinkt. Außerdem wurde der Beitrag zur Basis vieler weiterer Gastbeiträge, mit denen das Unternehmen seinen Expertenstatus stärkte, sowie eines „Headline Analyzers“.
Abbildung Beitrags-URL untersucht mit dem Majestic SEO Site-Explorer
Und ein ganz anderes Beispiel zeigt, dass Daten nicht nur dabei helfen können, die Zielgruppe zu verstehen. Sondern dass der kreative Umgang damit auch dabei helfen kann, besser mit ihr zu kommunizieren: Die US-Schnellrestaurantkette Arby‘s fand durch die Analyse interner Kundendaten heraus, dass ein großer Teil der Zielgruppe sich die 2014 Grammy Awards ansehen würde – und dass sie darüber bei Twitter kommunizieren würde. Da es aber keinen direkten Zusammenhang zwischen Produkt und Event gab, mussten die Verantwortlichen kreativ werden. Sie entschieden sich, die Show selbst die Story erzählen zu lassen:
So wurde der Social Media Director angewiesen, sich die Grammy Awards ebenfalls anzusehen. Er wartete auf einen passenden Moment, in dem sich ein Zusammenhang ergeben und die Marke den Dialog mit der Zielgruppe starten könnte. Der Moment kam – und die Zahl der Retweets und Likes auf diesen Tweet spricht wohl für sich.
Abbildung „Hey @Pharrel, können wir unseren Hut zurückhaben?“
Fazit zu Data-driven Content Marketing
In Zeiten von Big Data ist der gläserne Kunde heute so greifbar nah wie nie zuvor – auch für Content Marketer. Mit Daten kann sehr präzise und relativ unkompliziert die Wirkung einzelner Content Elemente oder Content Marketing Aktionen antizipiert und analysiert werden, um durch Optimierung den zukünftigen Erfolg zu erhöhen. Wer Daten darüber hinaus als Inspirationsquelle nutzt und das Element der Persönlichkeit bzw. das Storytelling nicht vergisst, kann am meisten profitieren.
- In 4 Schritten zur Data-driven Content Marketing Strategie - 24. Juni 2016